
Willi Remmel, German IBer
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Die spannenden Folgen einer Buchlesung
Spuren des Spanienkämpfers Willi Remmel
Diese Pressemitteilung hatte
mich förmlich elektrisiert: „Harry Fisher liest in Leipzig aus seinem Buch ‚Comrades’.“
Die Vorankündigung des Buches hatte ich gelesen, es gleich vorbestellt,
später gekauft und fasziniert verschlungen; das was ich suchte, aber nicht
gefunden: Irgendeinen Hinweis, daß Harry Fisher in Spanien auch mit
deutschen Interbrigadisten zusammengetroffen sein konnte.
Seit einigen Monaten
recherchierte ich die spanischen Spuren meines Onkels Willi Remmel.
Wie Harry Fisher auch, war Willi einer der 40,000 „Voluntarios de la
Libertad“, die in den Internationalen Brigaden auf Seiten der spanischen
Republik gegen die Faschisten gekämpft hatten. Wenig hatte Willi nach seinem
frühen Tod 1970 hinterlassen: Einige Dokumente und zwei Fotos.
Das eine zeigt ihn in Ausgangsuniform mit der charakteristischen Bommel an
der Käppispitze, das andere in Dienstuniform mit Schirmmütze.
Mit Fishers Buch unter dem Arm
und den beiden Fotos von Onkel Willi in der Tasche also hin zu Fishers
Lesung. Danach Signierstunde. Ich lege ihm die Fotos vor: „Mister Fisher,
könnte es sein, daß Sie diesem Mann in Spanien begegnet sind? Willi Remmel
sein Name, deutscher Spanienkämpfer.“ Fisher schaut sich lange die beiden
Fotos an: "No, I am sorry, I don't know him."
Ein Mann erinnert sich
„Einen Moment noch“, sagt da
Ulrich Kolbe, der deutsche Übersetzer von Fishers Buch, der den Autor auf
seiner Lesereise in Deutschland als Dolmetscher begleitet. „Wiederholen Sie
bitte noch mal den Namen!“
„Remmel. Willi Remmel.“ Kolbe überlegt eine Weile: „Der Name ist mir
kürzlich untergekommen, da bin ich mir sicher. Doch im Moment erinnere ich
mich nicht an den Zusammenhang. Ich melde mich, sobald ich zu Hause in
meinen Rechner geschaut habe.“
Zwei Tage später eine E-Mail
von Ulrich Kolbe: „Lieber Hans, Ihr Onkel Willi wird in Neuseeland gesucht!
Ein Historiker der Uni Auckland ist im Rahmen eines oral history projects
auf den Namen Ihres Onkels gestoßen.“
War das eine Nachricht! Eine,
die Gänsehaut hervorruft! Onkel Willi und Neuseeland? Und ich erinnerte
mich, daß Willi erzählt hatte, anläßlich einer Verwundung in einem Hospital
gelegen und dort eine neuseeländische Krankenschwester kennen und lieben
gelernt zu haben. Noch mal einen Blick in die wenigen Notizen, die Willi
hinterlassen hat.
Die spanischen Notizen des
Willi R.
Willi Remmel, Kölner Kommunist.
Seit 1933 aktiv im illegalen antifaschistischen Kampf. Von der Gestapo 1936
verhaftet, im Kölner Klingelpütz wegen Hochverrats eingesperrt, im Keller
des ELDE-Hauses, dem Sitz der Kölner Gestapo, malträtiert. Aus der Haft mit
Auflagen entlassen. In der Sylvesternacht 1936 Flucht nach Holland.
Am 30.5.1937 schwimmt Willi im
wahrsten Wortsinn nach Spanien. Das Schiff, das ihn von Marseille nach
Spanien bringen sollte, wurde vor Malgrat de Mar von einem italienischen U-Boot
torpediert und versenkt, Willi schwimmt an Land. Am 10. Juni bereits steht
er in seinem ersten Kampfeinsatz an der Front bei Guadalajara (lt. eines
Kommentars von Josep Xaubet 2017 war dies bereits am 10. März - der
Webmaster); am 2.Juli an
der Sierra-Front links von Escorial.
Der 5. Juli sieht ihn an der
Zentralfront bei Brunete. Er nimmt am 8.Juli am Sturm auf
Quijorna und an der Einnahme der Stadt teil und wird am 17. Juli 1937 bei
Quijorna durch einen Oberbeinschuß schwer verwundet.
Von Quijorna ins Hospital -
Renè
Vom 25. Juli bis zum 1.Oktober
1937 liegt er im "Hospital English" in Huete, Provinz Cuenca. Hier
begegnete Willi erstmals Renè Shadbolt, einer von drei neuseeländischen
Krankenschwestern, die sich dem neuseeländischen Freiwilligenkontingent zur
Teilnahme am spanischen Freiheitskampf angeschlossen hatten. Die Liebe der
beiden wird bis zur Demobilisierung der Interbrigadisten und noch darüber
hinaus dauern. Als Willi von März 1939 bis zum Einmarsch der Wehrmacht in
Frankreich vornehmlich im Internierungslager Gurs eingesperrt ist, wird Renè
ihn mit Geldsendungen über England unterstützen.
Im Januar 1938 sind beide
jedoch wieder getrennt. Willi kämpft am 16. Januar an der Front von Teruel,
am 9. März an der von Quinto und Belchite.
Er nimmt am Rückzug über Vinaseite teil, kämpft am 14. März um Caspe und
sammelt sich mit seiner Einheit am 16. März bei Corbera. Nochmals sammelt
sich seine auf 165 Mann zusammengeschrumpfte Formation am 7. April bei
Cabaceres, nachdem sie sich über Gandesa, Corbera und Mora zurückziehen
mußte und einer Einschließung am Ebro entkommen war.
Die letzte Offensive - Abschied
von Renè
Der 25. Juli sieht ihn in der
ersten Linie der Ebro-Offensive bei der Forcierung des Flusses. Nachdem die
Flußbrücke zusammengebrochen war und schwere Waffen nicht nachrücken
konnten, bleibt die Offensive stecken. In der Serra de Cavalls / Serra
de Pàndols schlägt
er sich weiter mit den Faschisten. Willi wird von einem Granatsplitter in
den Rücken getroffen.
Im Hospital Mataró trifft Willi
am 20. August wieder mit Renè zusammen. Einen Monat später müssen die
Interbrigaden demobilisieren. Der Versuch Renès, Willi mit nach Neuseeland
zu nehmen, scheitert an den neuseeländischen Behörden. Eine Liebe wird
zerrissen. Willi und Renè sollten sich nie wiedersehen.
Am 31. Oktober sitzt Willi in
einem Hospitalzug Richtung Frankreich. Die französische Regierung jedoch
verweigert die Einreise. Am 13. Januar 1939 wieder eine Bahnreise Richtung
Frankreich. Mexiko hatte deutschen und österreichischen Spanienkämpfern
Asyl gewährt, doch wiederum spielt Frankreichs Regierung „Nichteinmischung“.
Sie verweigert die Durchreise zum Hafen von Marseille, wo Schiffe der
spanischen Republik bereitliegen. Diese werden zudem beschlagnahmt und an
Franco ausgeliefert.
Nochmals steht Willi im Kampf,
nachdem sich die Interbrigadisten in Port Bou wiederbewaffnet haben: Am
21.Januar 1939 vor Barcelona. Doch die Stadt fällt in die Hände der
Faschisten.
Am 31.Januar wehren sie einen Landungsversuch der Faschisten bei Plalafurgel
ab. Der 3.Februar sieht ihn auf dem Marsch nach San Pedro, den Ludwig Renn
führt. Am 5. Februar sind sie in La Jungera und am 8. Februar 1939
überschreitet Willi mit seinen Genossen unter Waffen bei Cerbere die
französische Grenze - nach der Entwaffnung geradewegs ins
Internierungslager.
...und was
folgte
1940 wird Willi Remmel von den
Franzosen an die Gestapo ausgeliefert. Er geht durch die
Konzentrationslager Sachsenhausen, Buchenwald und Mauthausen/KZ- Außenlager
Florisdorf. Im März 1945 gelingt ihm die Flucht vor dem Todesmarsch in die
österreichischen Berge. Dort wird er im April von der Roten Armee befreit.
Willi lebte seit 1946 in
Leipzig. Er war verheiratet. Aufgrund der schweren und bleibenden Schäden,
die er durch Tritte in den Unterleib während seiner KZ-Haft erlitt, blieb
die Ehe kinderlos. Willi Remmel verstarb 64jährig im Jahre 1970 an den
Spätfolgen seiner langjährigen Lager- und KZ-Haft.
Neuseeländischer Epilog:
Michael O'Shaughnessy, der
neuseeländische Historiker, hatte im Rahmen seines oral history Projektes
Isobel Dodds interviewt. Sie war eine der drei neuseeländischen
Krankenschwestern in Spanien und enge Freundin von Renè Shadbolt. Von ihr
erfuhr er Details der Geschichte von Renè und Willi.
Michael machte mich aber noch
auf eine andere Quelle aufmerksam: Renè Shadbolts Neffe, der bekannte
neuseeländische Schriftsteller Maurice Shadbolt, hat in seinem Familienroman
"One of Bens" seiner Tante Renè, genannt Sis, und meinem Onkel Willi in zwei
Kapiteln seines Buches ein bleibendes Denkmal gesetzt: Einleitend heißt es:
"One she nursed was a young anti-Nazi German named Willi Remmel, an elegant,
eloquent and wispily bearded officer in the Ernst Thaelmann battalion of the
brigade. He and Sis were soon lovers."
Renè Shadbolt starb 1977.
Über ihr Begräbnis schreibt Maurice Shadbolt:
"On her coffin there was a lone
bouquet of red roses, placed there by a sister who knew her story. The
attached message read: With love everlasting from Willi."
Herbert Remmel
(Hans Remmel)
Nachsatz vom Webmaster am 15. Juli
2017:
Willi Remmel war unter den Interbrigadisten
an Bord der "Ciudad the Barcelona", als dieses Schiff vor Malgrat de Mar
angegriffen und versunken wurde.
http://www.kfsr.info/2017/05/sie-sangen-die-internationale-der-untergang-der-ciudad-de-barcelona-vor-80-jahren-von-herbert-remmel/


