Spaniens Himmel in Manhattan
Im vorigen Jahr hatte ich die
Gelegenheit, als Übersetzer von Harry Fishers „Comrades“ eine mehrwöchige
Lesetour durch die Bundesrepublik zu begleiten.
Viele dieser Erinnerungen wurden wach,
als wir (gemeinsam mit der Geschichtswerkstatt Oberhausen) unlängst zu den
Feierlichkeiten zu Ehren der Spanienkriegsveteranen in New York weilten.
Eine ganze Reihe von Veranstaltungen
widmete sich in diesem Jahr in New York den US-amerikanischen Veteranen des
spanischen Bürgerkrieges.
Die New York Historical Society zeigte
die Gemäldeausstellung “Ralph Fasanella’s America”. Zwar gab es dort
keine Bilder zum spanischen Bürgerkrieg (Fasanella starb 1997 noch vor der
Vollendung seines geplanten Hauptwerkes zu diesem Thema), jedoch
vermittelten die ausgestellten Werke einen guten Einblick in das Leben und
die vielfältigen Kämpfe der arbeitenden Bevölkerung der Vereinigten Staaten
im zwanzigsten Jahrhundert.
Fasanella selbst kämpfte in Spanien mit
(er teilte während der Überfahrt von den USA nach Frankreich eine Kajüte mit
Harry Fisher) und war später aktiv in der Gewerkschaftsbewegung.
Sein Credo „Know your roots. Remember
who you are.” kommt in der Auswahl seines fünfzigjährigen Schaffens deutlich
zum Ausdruck.
Im völlig überfüllten King Juan Carlos
Center der NYU wurde ein neuer Dokumentarfilm mit dem Titel „Women in the
Spanish Civil War“ vorgestellt, der sich eingehend mit der Rolle der Frauen
befaßte, die als amerikanische Freiwillige vor allem im medizinischen Dienst
tätig gewesen waren.
Am Sonntag fand dann das 66. Treffen
der Veteranen der Abraham-Lincoln-Brigade statt.
Sechshundert Menschen waren gekommen,
die achtzehn anwesenden Veteranen und das Vermächtnis der Gefallenen,
Ermordeten und Verstorbenen zu ehren.
In kurzen Ansprachen und persönlichen
Gesprächen berichteten die Lincoln-Vets nicht nur über ihre Erfahrungen in
Spanien, sondern auch über ihren Einsatz in den darauffolgenden Kämpfen des
20. Jahrhunderts, in denen sie stets das andere, fortschrittliche Amerika
verkörperten.
Einer der Veteranen rief bei seiner
Vorstellung ins Publikum: „I am 96 years old, and still a radical!“
Die San Francisco Mime Troupe brachte
mit ihrem eindrucksvollen neuen Programm „What they stood for“ den Saal in
Schwung. Wo sonst noch in den USA erheben sich Menschen mit geballter
Faust zum Gesang der „Internationale“, hört man Ernst Busch mit dem
„Thälmann-Bataillon“?
Diese Feierlichkeiten boten auch die
Möglichkeit, mit einzelnen Veteranen ins Gespräch zu kommen. Die
Freunde aus Oberhausen, die bereits im vergangenen Jahr eine Dokumentation
über Harry Fisher hier in Deutschland angefertigt hatten, hielten vieles
davon auf Video fest.
Harry Fisher kam wiederholt auf seine
zwei Reisen in die Bundesrepublik zu sprechen und bat uns, alle Freunde hier
von ihm zu grüßen, was auch auf diesem Wege geschehen soll.
Abe Smorodin sprach mit zu Herzen
gehenden Worten über das Schicksal seiner gefallenen Kampfgenossen, die noch
immer in keinem amerikanischen Geschichtsbuch erwähnt werden.
Clarence Kailin berichtete über seinen
engsten Freund John Cookson, der – wäre er nicht kurz vor Abzug der
Internationalen Brigaden gefallen – zweifellos einer der bedeutendsten und
progressivsten US-amerikanischen Wissenschaftler geworden wäre, da er selbst
Einstein auf dessen Fehler hingewiesen hatte.
In Anwesenheit mehrerer
US-amerikanischer Spanienkämpfer und Vertreter ihres Archives (ALBA) konnten
wir schließlich den letzten wichtigen Programmpunkt erfüllen, die Übergabe
der Dokumente des deutschen Spanienkämpfers Fred Schofs an das amerikanische
Archiv.
Mehrere der Fotos in „Comrades“ weisen
als „unbekannt“ gekennzeichnete Kämpfer aus. Auf einem dieser Fotos
erkannte eine in Frankfurt/M. lebende Genossin ihren verstorbenen Ehemann
Fred Schofs. Fred hatte – nachdem er 1928 in die USA ausgewandert war
- als Angehöriger der Abraham Lincoln-Batallions in Spanien mitgekämpft und
war anschließend mehrere Jahre in Konzentrationslagern Frankreichs und
Spaniens inhaftiert, bevor er nach Frankfurt zurückkehrte und bis zu seinem
Tod 1975 aktiv in KPD, DKP und Gewerkschaften tätig war. Vicencia
Schofs hatte uns gegenüber den Wunsch geäußert, den Nachlaß ihres Mannes
seinen amerikanischen Kampfgefährten zu übergeben.
Die Veteranen und die Sprecherin des
Archives (Abraham Lincoln Brigade Archives, New York University) bedankten
sich in herzlichen Worten.
Ulrich Kolbe